Mehr zur Baummonstranz

Baummonstranz 1947

Die von dem Kunstinterpreten Lothar Schreyer verfasste frühe Beschreibung des kühnen Entwurfs ist nach wie vor gültig:

[Fritz Schwerdt] wählt als christliches Symbol den Lebensbaum. Kraftvoll wächst der Stamm aus der flachen runden Fläche sich nach oben verjüngend empor. Aus ihm treiben nach rechts und links drei Äste als sichelförmige Sprossen. Die Höhe des Stammes wird von dem großen runden, nach vorn geöffneten Behältnis bekrönt, in dem hinter der Kristallwand die Lunula sich schwingt.
Lothar Schreyer:
Neue Arbeiten von Fritz Schwerdt. In: DAS MÜNSTER 1/1953, Regensburg 19537.

Das Foto zeigt deutlich die geschwungene Linienführung sowie die als Falz ausgeformten Ränder der „Äste“.

Neben dem oben abgebildeten Examplar der Kirche in Habbelrath bei Kerpen, gibt es drei weitere Exmplare: im Marienkrankenhaus Ratingen (1952), in Hlg. Geist/Braunschweig (1961) sowie das ehemalige Schwerdt’sche Ausstellungsexemplar von 1955, das seit den 1960er Jahren zum Bestand des Aachener Suermondt-Ludwig-Museums gehört.

Baummonstranz 1947, Detail


Bis auf das Exemplar des Suermondt-Ludwig-Museums sind die Baummonstranzen auf der oberen Kapsel mit einem „Krönchen“ versehen, auch bekannt als „Marianisches Symbol“.

Zur Bedeutung des Symbols auf dem Hostienbehältnis der Baummonstranz ist von Schwerdt selber keine Aussage bekannt. Fritz Schwerdts Mitarbeiter, Peter Bücken, der die Baummonstranz konkret ausführte, notierte in seinem Arbeitsbericht vom April 1952 neben einer Zeichnung des Symbols: „Bekrönung für Monstranzgehäuse“.

Ann Münchow, die als erste die Monstranz fotografierte und mit Schwerdt viele Jahre lang eng zusammen arbeitete, erinnert zur Entstehung des Symbols einen profanen Grund: das sei erst hinzugekommen, als die Nonnen des Ratinger Marienkrankenhauses die „allzu große Schlichtheit der Monstranz beklagten“.

Frühe Baummonstranz um 1946

Nur aus dem Fotonachlass Fritz Schwerdts ist eine frühe Baummonstranz bekannt, die laut foto-rückseitigem Stempel zwischen 1946-1949 entstanden sein muss.

Wie sich durch Vergleich historischer Fotografien belegen lässt, ist diese Version der originären Entwurfsfassung am ähnlichsten und im Vergleich mit den ab 1952 ausgeführten Exemplaren in ihrer künstlerischen Gestaltung einfacher gehalten. So sind beispielsweise die seitlichen Äste plan, ohne hochgezogenen Rand, und das Hostiengehäuse ist in funktionaler Hinsicht einfacher.

Entwurf Lebensbaum-Monstranz 1947

Der originale Entwurf ist nur als Fotografie überliefert. Auf dem Fußrand ist handschriftlich eingefügt:
   MONSTRANZ ‚LEBENSBAUM’ FRITZ SCHWERDT AACHEN
   KAPELLENSTRASSE 45
Die tatsächlich ausgeführten Exemplare unterscheiden sich in einigen Details deutlich von diesem Entwurf, vor allem die „Äste“ des Baums sind ohne Seitenfalz versehen, auch fehlt das kleine „Krönchen“-Symbol oben auf der Lunula.

In den ersten Veröffentlichungen wurde der Begriff „Lebensbaum“ auch zur Beschreibung des künstlerischen Stils übernommen, während sich der Name „Baummonstranz“ erstmals in dem Aufsatz von Karlheinz Goerres, Ausstellung Gemeinschaft junger europäischer Künstler, Aachen 1955, findet, ein Name, der von Schwerdt übernommen wurde und sich rasch durchsetzte.

Literatur (Auswahl):
DGZ-1952-8, SCHREYER 1953A, ART-DEGLISE-1954-2, SCHREYER 1954, GOERRES 1955B, LEUVENS UNIVERSITAIR KUNSTCENTRUM 1958, OELLERS 1985, DOMKAPITEL AACHEN 2010
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Fotos: Fritz Schwerdt(2), Pit Siebigs(2)